Die deutsche Biotechnologie-Branche 2020

Die deutsche Biotechnologie-Branche ist im Jahr 2020 so stark gewachsen wie nie zuvor. Sie erwirtschaftete mehr Umsatz als je zuvor, die Beschäftigtenzahl ist gestiegen und besonders für Forschung und Entwicklung stand deutlich mehr Geld zur Verfügung als in den Vorjahren. Das geht aus dem aktuellen BIOCOM-Report „Die deutsche Biotechnologie-Branche“ hervor. Die Daten werden seit 2005 jährlich auf Basis der Kriterien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in einer Firmenumfrage von BIOCOM erhoben. Knapp 520 Firmen (62%) haben in diesem Jahr an der Befragung teilgenommen.

Abbildung: Anzahl der deutschen Biotech-Unternehmen
(in blau: dedizierte Biotech-Unternehmen; in orange: sonstige biotechnologisch aktive Unternehmen)

Wirtschaftliche Kennzahlen auf Rekordhoch

Im Vergleich zur Vor-COVID-Zeit im Jahr 2018 konnte die deutsche Biotechnologie-Branche im Jahr 2020 in allen Bereichen zulegen. Der positive Trend der letzten Jahre setzte sich nicht nur fort, er nahm in einigen Bereichen deutlich Fahrt auf. Immerhin 6,7 Mrd. Euro konnten die deutschen Biotechnologie-Unternehmen im Jahr 2020 umsetzen, das entspricht einem Zuwachs von fast 50% gegenüber dem Prä-COVID-Jahr 2018. Erwartungsgemäß investierten die Unternehmen auch stärker in Forschung und Entwicklung. Mit 2,1 Mrd. Euro (+79% gegenüber 2018) wurde erstmals die Zwei-Milliarden-Grenze überschritten.

Abbildung: Umsatz (in blau) und F&E-Aufwendungen (in orange) der deutschen Biotech-Unternehmen

Inhaltliche Schwerpunkte der Unternehmen

Hinsichtlich der Ausrichtung der deutschen Biotech-Branche hat sich das Bild in den letzten Jahren nicht wesentlich verändert. Die Mehrheit der Biotech-Unternehmen konzentriert sich auf die Entwicklung von Medikamenten, Impfstoffen oder neuen Diagnostika. 383 Unternehmen (52%) beschäftigen sich mit medizinischen Themen und gehören damit zur „roten“ Biotechnologie. Mit der COVID-19-Pandemie, die 2020 ganz oben auf der Agenda stand, hat sich dieser Trend noch verstärkt, so dass in diesem Segment ein besonders starker Anstieg des Umsatzes und der Beschäftigtenzahl beobachtet werden konnte.
Mit 223 Unternehmen bildet der Bereich der nicht-spezifischen Dienstleistungen die zweitgrößte Säule der deutschen Biotech-Branche (2018: 203 Unternehmen). Zu diesem Segment gehören alle Unternehmen, die Geräte und Reagenzien oder Dienstleistungen anbieten, die überwiegend auf biotechnologischen Grundlagen basieren. Diese Unternehmen zeigten sich als verlässliche Partner bei der raschen Aufnahme der Impfstoffproduktion und damit der effizienten Bekämpfung der Pandemie.
Industrielle Anwendungen für verschiedene Branchen entwickeln 74 Unternehmen (2018: 69 Unternehmen). Ihre Zahl wächst nur langsam, dennoch ist die Bedeutung der industriellen Biotechnologie deutlich höher als es die Zahl der Unternehmen vermuten lässt. Die Entwicklungen in der industriellen Biotechnologie in Deutschland sind. einhergegangen mit der stetig wachsenden Nachfrage nach alternativen Lösungen etwa im Nahrungsmittelbereich, beispielsweise durch Fermentation alternativer Proteine oder auch im Bereich nachhaltiger Materialien.
Im Bereich der Agrobiotechnologie sind 19 Unternehmen tätig. Die Anwendung der Biotechnologie in der Pflanzenzüchtung und in der Landwirtschaft ist im Laufe der Jahre zurückgegangen, ihre Zahl hat sich seit 2015 auf niedrigem Niveau stabilisiert.


Abbildung: Anzahl der Mitarbeiter in deutschen Biotech-Unternehmen
(in blau: in dedizierten Biotech-Unternehmen; in orange: in sonstigen biotechnologisch aktiven Unternehmen)

Gründergeist weiterhin ungebremst

Die Zahl der Neugründungen war nie so hoch wie 2018 – 25 Unternehmen, die 2018 ihre Geschäfte aufgenommen haben, konnten von BIOCOM bis zum 31.3.2019 identifiziert werden. Das sind vier mehr als im ersten Quartal 2018 für 2017 gezählt wurden. 


Abbildung: Regionale Verteilung der deutschen Biotech-Unternehmen und der Mitarbeiter im Jahr 2018

Finanzierungen auf Rekordhoch

Hinsichtlich der Finanzierungen konnte die deutschen Biotech-Unternehmen im Jahr 2018 deutlich punkten. 1,32 Milliarden Euro konnten die Unternehmen einwerben – das ist die höchste Summe, die in den 14 Jahren seit Beginn der Erhebung, erzielt wurde. Zwar gab es keinen Börsengang, aber die bereits börsennotierten Unternehmen konnten 2,5-mal mehr Geld einwerben als 2017, nämlich 898 Mio. Euro (2017: 352 Mio. Euro). Aber auch VC-Gelder flossen großzügiger. 422 Mio. Euro erhielten die Unternehmen von Wagniskapitalgebern, wobei die Hälfte davon einem einzigen Unternehmen zufloss.



Abbildung: Finanzierungsquellen deutscher Biotech-Unternehmen